Berücksichtigung der jeweiligen Umstände
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Ein Richter spricht von "seltener Verrohung" und "Gewaltorgie", das Geschehene scheint bisher gekannte Grenzen zu sprengen - und trotzdem scheinen die Urteile außerordentlich milde auszufallen. Wie passt das zusammen?
WERNER ZINKL: Ich kann natürlich zum konkreten Fall nichts sagen. Eine Frage, die in der Öffentlichkeit oft nicht zum Tragen kommt, ist: Was kommt am Ende rechtlich heraus? Es gibt ja in einem Verfahren zahlreiche mildernde und erschwerende Gründe - geht es um Jugendliche oder junge Erwachsene, wie ist der Lebenswandel, sind sie geständig, wie lange liegt der Fall zurück, worin genau bestand eine Mittäterschaft und so weiter. All das muss ja berücksichtigt werden.
Immer wieder hat man den Eindruck, wenn es gegen Leib und Leben geht, wird das bei Weitem nicht so schwer geahndet wie Eigentumsdelikte.
ZINKL: Bei Vermögensdelikten kommen oft noch weitere Komponenten dazu. Es ist aber verständlich, dass in der öffentlichen Wahrnehmung das Mitgefühl eine große Rolle spielt. Die einzelnen Fälle sind aber schwer vergleichbar.
Wird ein allfälliges Missverhältnis nicht auch innerhalb der Richterschaft diskutiert?
ZINKL: Unter Justizministerin Beatrix Karl wurde eine aus der Praxis besetzte Arbeitsgruppe gebildet - dazu wäre es nicht gekommen, hätten wir nicht darüber diskutiert. Das Ergebnis wird in die Reform des Strafgesetzbuches 2015 einfließen und soll kommende Woche bei der Richterwoche in Saalfelden vorgestellt werden.
INTERVIEW: ANDREAS LIEB